Medienkongress, Axel-Springer-Panel: „tazlaberei“ ohne Ertrag

Also ehrlich, Frau Bunz und die Herren Turner, Küppersbusch, Jürgs und Unfried, die beim tazlab/Freitag Fabrik-Medienkongress am gestrigen Samstag das Panel „Vorbild Axel Springer?“ bestritten – das war ja wohl gor nix. Ich jedenfalls entdeckte in ihrem ziemlich wirren Nebeneinanderher-Gerede keine einzige brauchbare Antwort auf die Ausgangsfrage, die da lautete: Welche heutigen Medien-Innovationen sind es – oder müssten geschaffen werden – die einen Erfolg und eine Macht wie damals Springers Hör zu und Bild entfalten können?

Stattdessen verhedderten Sie sich in Ihrem Springer-Deutungs-Wettbewerb, der an sich für die erste Aufwärm-Fragerunde gereicht hätte (und vermutlich auch geplant war, aber leider verloren Sie als Moderator, Peter Unfried schon nach den jeweils ersten Antworten jegliche Souveränität über das Thema und den Diskussionsverlauf).

Ganz schön enttäuschend, dass drei gestandene Redakteure und ein Werbeprofi sich entweder schlecht oder gar nicht auf ihre Beiträge und das Leitthema vorbereiteten. Noch enttäuschender, dass ihre rechthaberischen Abschweifungen der zwar vorbereitete aber überforderte Moderator nicht rigoros redigierte  – wie er es für eine taz-Seite, etwa ein Dossier zu Springer, gewiss getan hätte. Tja, ist eben eine andere Disziplin, Live auf der Bühne, während gnadenlos die Echtzeit tickt. Selbst die ist Herrn Unfried sang- und klanglos entglitten – die Fragerunde in den Saal hat er schlicht verpeilt und prompt gestrichen. Sehr schade.

Dabei gab es  meiner Meinung nach zwei Momente, die geeignet waren, durch entsprechende Vertiefung zu Antworten auf die Ausgangsfrage zu kommen.

Erstens, als Springer-Biograf Michael Jürgs fragte  wo heute die charismatischen, visionären Verlegertypen wären, die noch an das glaubten, was sie täten, um eine Idee wider Skeptikern und ersten Misserfolgen bis zum triumphalen Erfolg durchzuziehen. (Er gab die Antwort gleich mit: Solche Typen gäbe es nicht, außer vielleicht Jakob Augstein, der an den Freitag glaube). Darauf stellte Guardian-Redakteurin Mercedes Bunz in Frage, ob es heute überhaupt solche durchsetzungswilligen Einzelpersonen braucht, um publizistisch und gesellschaftlich wirkungsvolle Medien(-Projekte) umzusetzen. Dieser Gedanke wurde durch den Bonmot-Top-Scorer der Runde, Friedrich Küpperbusch, gut aufgenommen, durch einen seiner zahlreichen „so toll war Springer gar nicht“-Beiträge.  Die Charismatiker-Frage kam erneut hoch, als Herr Turner von vermeintlichen Geistesblitzen des Facebook-Machers Marc Zuckerberg schwärmte, die den Erfolg des sozialen Netzwerks begründen würden. Aha! Nicht selten werden ja die Erfolge der für Massenmedien relevanten Plattformen Facebook, Google, iTunes/AppStore (Apple) gerne den Fähigkeiten der Figuren Zuckerberg, Brin/Page und Steve Jobs zugeschrieben, nicht zu vergessen Wikileaks‘ Julian Assange. An dieser – von den Medien überkultivierten – Personalisierungsfrage hätte sich also trefflich diskutieren lassen, am besten, wenn es dazu  informierten und kompetenten Input gegeben hätte, etwa über Erfolgsmodelle, die kollektiv oder kooperativ funktionieren. Doch leider war offenbar die eitle „so war Springer“- und „so-ist-die-BILD“-Deutelei wichtiger.

Zweitens, als Mercedes Bunz erklärte, dass sich für jede (Internet-)Öffentlichkeit, die durch Journalisten, Publizisten oder Blogger geschaffen würde, stets auch eine Industrie fände, die diese Öffentlichkeit nutzen und für diese Nutzung bezahlen wolle. Ob sie damit Finanzierung durch Werbung meinte – auf diese hatte Springer damals gesetzt und so funktionieren die Geschäftsmedien der allermeisten Massenmedien bis heute – oder vielleicht Finanzierung via Sponsoring oder Stiftungen, das blieb offen. Weil es den Moderator und die Runde offenbar gar nicht weiter interessierte. Ich halte das hingegen für die Gretchenfrage bei der Suche nach neuen Konstruktionen für erfolg- und einflussreiche Massenmedien. Geht es nicht auch heute – oder besonders heute – darum, insbesondere die Medien, die Massenmeinung bildend und repräsentieren unabhängig von jeglichen „Nutzungen“ zu halten, ob nun seitens Industrien, Wirtschaft, Parteien und Verbänden? Doch leider war den Beteiligten wichtiger, doch noch die offenbar unvermeidliche „Guttenberg-und-die-BILD“-Debatte zu führen.

Fazit: Welches Medienformat, welche publizistische Plattform heute und morgen eine breite Öffentlichkeit erreicht, sie informiert und unterhält und repäsentiert und damit Politik und Staat nachgiebig beeindruckt, an dieser Ausgangsfrage plauderte diese „tazlaberei“ ohne echten Ertrag munter vorbei. Sehr schade.

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