Luftdruckgebiete mit PR-Namen – wie überraschend (gähn)

OK, Werbe-Fritzen und PR-Heinis, jetzt habt ihr also die Wetterberichte als subtilen Kommunikationskanal entdeckt. Ihr kauft euch offiziell als „Paten“ eines Hoch- oder Tiefdruckgebiets ein, um dann einen Produkt- oder Markennamen zu platzieren. „Minnie“ und „Cooper“ sollen sie heissen. Sehr clever.

Ihr wisst natürlich, dass es an sich keinem auffällt, wenn die Wetterfrösche zwischen ihren Erklärungen zu Schnee, Eis und Kälte, Sonne, Monde und Sterne auch was von „Udo“, „Cindy“ oder „Cooper“ reden. Oder von „Minnie“. Keiner merkt sich diese Druckgebiete-Namen. Jedenfalls, solange keine Jahrhundert-Katastrophen damit zusammenhängen. Wer denkt bei „Katrina“ schon noch an diese 80er-Band „Katrina and the Waves“? Vielmehr sehen alle das von Überschwemmungen zerstörte New Orleans vor sich. Schreckliche Bilder. Negativ. Aber weiss irgendjemand noch den Namen eines Jahrhundert-Hochs? Schöne Bilder. Positiv. Na?

Na, eben, sagt ihr, genau deswegen, sollen für die „positive Aufladung“ eines durchschnittlichen Hoch-Namens dann eure aufwändigen Kampagnen sorgen. Mit ausgebufften Motiven, wie der „Isobarenkarte“ in Form der Karossen-Silhouette. Huiui, das ist mal eine andere ganz Darstellung des obligaten Sehnsuchts-Bilds „einsame, glatte, kurvenreiche Piste im Sonnenschein“. Das gibt bestimmt Sympathiepunkte. Die braucht die Marke aber auch, weil ihr Werbeprofis ja einige Zeit später eine Kapmpagne der Autohersteller-eigenen Bank nachschaltet. Die soll den sanft aufgebauten, latenten Kaufwunsch-Hochdruck nun weiter erhöhen. Doch diese Spots, die meistens Preise und Zinssätze hysterisch und laut heraus schreien, senken die wöchentlich abgefragten Zuspruchswerte der Marke wieder merkelig, äh, merklich ab. Aber, das wisst ihr ja alles selbst, so geht das halt mit dem Erkaufen von Aufmerksamkeit und dem Maskieren von Aufdringlichkeit, dafür bezahlen eure Kunden ja schliesslich.

Na, schön, PR-Verseuchung jetzt eben auch in den Wetterberichten. Wenn’s denn sein muss (seufz). Ihr habt bereits Sportvereine und Rockbands, Sportstadien und Veranstaltungshallen vereinnahmt, diese Masche treibt ihr ja nun schon Jahrzehnte. Man hat sich dran gewöhnt – und übersieht es immer mehr. Erst war es unerhört (Eintracht Braunschweig), dann ganz schön dreist (Rolling Stones, Pink Floyd, Genesis), dann gegen einige Widerstände (Volksparkstadion), schliesslich nur noch üblich (Anschütz-Arenen). PR ist längst zum Feinstaub der täglichen Kommunikation geworden, man bemisst sie nur noch nach – überhöhten – Belastungswerten.

Originell oder überraschend finde ich eure PR-Kontaminiation des Wetters nicht. Im Gegenteil (gähn). Daher sollten sich die Wetterwächter auch nicht lange mit euch Markenpächtern herumschlagen. Schon gar nicht mit solch stumpfen Waffen, wie den zunächst bemühten „behördlichen“ Regelungen: Druckgebiete dürften nur Namen tragen, die „standesamtlich anerkannt“ seien, liess die zuständige FU Berlin wissen. Pfff, na und? Wie lange dauert es wohl, bis irgendein Standesamt irgendwo mal Vornamen, wie „Avensis“ oder „Mito“ zulässt? (Ob es werdende Eltern gibt, die ihre Kinder so nennen würden? Hm, Berufseinsteiger … irgendwas mit Werbung … unbedingt raren Praktikumsplatz ergattern … da geht was … .) Außerdem wäre es wiederum prima PR, wenn kleinkarierte Standesämter das letzte Stückchen Freiheit der Namensgebung mit engstirnigen, bürokratischen Korsetts gängelten … (ich will’s gar nicht erst lesen). Und den Gefallen, eure Kampagne redaktionell aufzugreifen – wenn auch vermeintlich spöttisch, weil Hoch „Cooper“ eine fiese Kältewelle brachte – hat euch die Süddeutsche Zeitung ja getan: in der Rubrik „BMW“, eine Unterrubrik von „Auto“ … (!)

Mich lässt dieser vermeintliche PR-„Coup“ an sich unberührt. Mein Rat für wirksame PR-Dekontamination geht daher an die Wetterinstitute, die besseres zu tun haben sollten, als solchen Kiki-Kram wie PR-Spielchen mitzuspielen: Möge die FU Berlin auf den Verkauf von Namens-Patenschaften verzichten und die Luftdruckgebiete einfach durchnummerieren, so langweilig wie möglich. „Tiefdruckgebiet 43.1.23“, das klingt so richtig schön dröge. Da würden selbst die fantasielosen Softwarefirmen nicht zustimmen, für ihre App mit genau dieser Versionsnummer eine PR-Kampagne im Wettermillieu fahren zu lassen. (Naja, wer weiss … .) Oder, noch besser: Die Druckgebiete-Namen beginnen immer mit 08/15 und bekommen dann eine laufende Nummer. Keine Marke, kein Produkt, keine Kampagne will 08/15-7, 08/15-20 oder 08/15-irgendwas heissen. … Ha!

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